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Cantata BWV Anh 196
Auf! süß entzückende Gewalt
Original German Text

Event: Cantata dor the Wedding of Peter Hohmann (von Hohenthal) and Christian Sibylla Mencke
Text: Johann Christoph Gottsched
Status: Music lost; Parody relations are likely to BWV 11/4 (Ach bleibe doch, mein liebstes Leben), and BWV 11/8 (Jesu, deine Gnadenblicke).

 

Original German Text

1

Aria

Die Natur:
Auf! süß-entzückende Gewalt,
Die du aus Gottes Hand entspringest,
Und alles, was ich bin, durchdringest,
Komm, zeige dich, in lieblicher Gestalt.
Auf, süß-entzückende Gewalt!

2

Recitativo

In allem, was der Bau der Welt,
In ungezählten Himmels-Kreisen,
Vor seines Schöpfers Augen stellt;
In allen Thieren, die das Feld,
Lufft, Erde, Wald und Wasser in sich hält,
Ja selbst in Bäumen Stein und Eisen,
Zeigt sich die ungeschwächte Krafft
Der allerstärcksten Leidenschafft.
Wer merckt nicht überall die Liebe?
Wer spürt nicht, daß durch ihre Triebe
Das ganze Welt-Gebau besteht?
Denn daß es noch bisher nicht gar zu Grunde geht,
Das macht der Liebe festes Band.
Sie hemmet gantz allein der Sachen Unbestand.

3

Aria

Die Natur:
Entfernet euch, ihr kalten Hertzen,
Entfernet euch, ich bin euch feind.
Wer nicht der Liebe Platz will geben,
Der flieht sein Glück, der haßt das Leben
Und ist der ärgesten Thorheit Freund;
Ihr wehlt euch selber nichts als Schmertzen;
Entfernet euch, ihr kalten Hertzen,
Entfernet euch, ich bin euch feind.

4

Recitativo

Die Schamhafftigkeit:
Wie das? o gütige Natur!
Soll ich denn auch zur Liebes-Fahne schweren?
Soll ich denn auch die stille Lockung hören,
Die deine Krafft in mir erregt?
Ach nein, Natur, ach nein!
Die Liebe kan kein Kind der wahren Tugend seyn.
Ach nein, ich glaub es nicht!
Ich fühle, daß das Hertz mir schlägt,
Das warme Blut erröthet meine Wangen,
Wenn man zu mir vom Lieben spricht.
Ich fühle zwar ein heimliches Verlangen;
Doch deckt es sich mit steter Blödigkeit.
Ich fürchte stets der Frechheit Netze,
Und sorge, daß nicht mir der Zeit,
Die wachsende Verwegenheit
Die Regeln Göttlicher Gesetze,
Durch diesen schlauen Trieb verletze.
Drum weg damit! ich höre nicht,
Was die Natur vom Lieben spricht.

5

Aria

Die Schamhafftigkeit:
Unschuld, Kleinod reiner Seelen,
Schmücke mich durch deine Pracht.
Keine Laster, keine Flecken,
Sollen mir das Lilien-Kleid
Unberührter Reinigkeit,
Durch der Liebe Schmutz bedecken,
Der auch Schnee zu Dinte macht.
Unschuld, Kleinod reiner Seelen
Schmücke mich durch deine Pracht.

6

Recitativo

Die Tugend:
Du irrest, liebes Kind,
Du irrest sehr in diesem Stücke,
Ich bin so grausam nicht gesinnt.
Ich hasse zwar der Geilheit Laster-Stricke,
Durch welche dieß verdammte Weib
Die wilden Jugend Fuß umschlinget;
Biß daß sie endlich Seel und Leib
In tausendfaches Unglück bringet.
Allein die Liebe rechter Art
Hat dessen Arm, der alles lencket,
So wohl als mich, den Sterblichen geschencket.
Sie scheut nicht meine Gegenwart,
Und meine Glut schlägt offt mit ihren Flammen
Gantz lieblich zusammen.

7

Aria

Die Tugend:
Folge nur den sanften Trieben.
Die dein zartes Hertz gespürt.
Wenn dich ihre Flamme rührt,
O so laß nur deine Sinnen,
Eine Seele lieb gewinnen,
Die sich durch die Tugend ziert,
Und die must du ewig lieben.
Folge nur den sanften Trieben,
Die dein zartes Hertz gespürt.

8

Recitativo

Die Natur:
Nun hörst du ja, die Tugend selbst stimmt ein.
Wirst du der Liebe denn gantz wiederspenstig seyn?

9

Aria

Die Natur:
Ersticke nicht länger das wallende Wesen,
Das meine Hand dir eingepflantzt.

Die Schamhafftigkeit:
Der Tugend-Spruch ist zwar von grosse Krafft,
Und sollte mich fast überwinden:
Allein, ich fürchte doch die starcke Leidenschafft,
Und weiß mich nicht darein zu finden.

Die Natur:
Ersticke nicht länger das wallende Wesen,
Das meine Hand dir eingepflantzt.

Die Schamhafftigkeit:
Die Liebe scheint sehr Unruh voll
Und ungestüm zu seyn.

Ich wollte wohl; ---doch nein!
Ich weiß nicht, was ich machen woll?

Die Natur:
Verwirff die blöde Phantasey,
Und mache dein Gemüthe frey,
Das sich durch irrende Gedancken,
In den vermeynten Tugend-Schrancken,
Mit steter Blödigkeit umschantzt.
Wie ist es? hörst du mich?
Mich dünckt, du änderst dich,
Ich kan es an deinem Gesichte schon lesen.
Ersticke nicht länger das wallende Wesen,
Das meine Hand dir eingepflantzt.

10

Recitativo

Die Schamhafftigkeit:
Gefährlicher Entschluß!
Den ich anitzo fassen muß.
Wohlan, Natur! ich folge deine Trieben,
Doch sage mir, was soll ich lieben?

Die Natur:
Ach sorge nicht, der Himmel sorget schon,
Der hat, eh du daran gedacht,
Den ewig-festen Schluß gemacht,
Durch wen er dich vergnügen wollen,
Und wen dein reines Hertz am ersten lieben sollen.

11

Aria

Die Natur:
Selbst der Höchste schliesset Ehen,
Die ihm wohlgefällig sind.
Wenn die Menschen nicht verstehen,
Welchen Pfad ihr Fuß soll gehen,
Da versorgt er und verbindt
Manches tugendhaffte Kind.
Selbst der Himmel schliesset Ehen,
Die ihm wohlgefällig sind.

12

Recitativo

Die Schamhafftigkeit:
So wird es auch vielleicht geschehen,
Daß seine Vater-Huld bald auf mein Wohl wird sehen.

Das Verhängnis:
Sieh da, du tugendhafftes Hertz,
Nimm hin das Kleinod meiner Liebe.
Verwandle deine Furcht in Schertz,
Und laß hinfort die reinen Triebe
Nur ihm allein,
Wie seine Brust nur dir, gewidmet seyn.
Die Wohlfahrt soll auf allen Seiten, Dich, neu-verknüpfftes Paar, begleiten!

13

Aria

Chor der Nymphen an der Pleiße:
Lebe, neues Paar, vergnügt!
Selbst das Schicksal hats gefügt,
Daß der Zweck von eurem Hoffen
Nach Verlangen eingetroffen.
Lebe, neues Paar, vergnügt!
Glück und Wohlfahrt, Heyl und Seegen,
Müsse deiner Tugen wegen,
Sich um deine Wohnung legen,
Lebe, neues Paar, vergnügt!

--

Contributed by Aryeh Oron (July 2010)

Cantata BWV Anh 196: Details
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Last update: Thursday, September 22, 2022 03:44